Zwei Männer aus Texas – Lee Hoffman
Rezension
Leseversion: HEYNE WESTERN TB Band 2645
Originaltitel: Trouble Valley (1976)
Verlag: Heyne
Übersetzung: Rainer M. Schröder
Veröffentlicht: 1982
Status: Erstauflage
Nachdruck: ?
Seiten: 223
Autor: Lee Hoffman
Realname: Shirley Bell Hoffman
Veröffentlicht: 29.10.2023
Rezension von Reinhard Windeler
Hintergrund
Lee Hoffman (1932 – 2007) aus Chicago, Illinois, war – wie es auch auf dem hinteren Cover des Heyne-Taschenbuchs steht – eine der wenigen weiblichen Western-Autoren, die sich einen Namen gemacht haben.
Nachdem sie mit Erfolg Fan-Magazine zu Science-Fiction und Folk-Musik herausgegeben hatte, ermutigte sie ein Bekannter, einen Roman zu schreiben. Da sie gerne Western las, ergab sich daraus das Genre.
Ihr erstes Buch war „Gunfight at Laramie“, das aber erst nach ihrem zweiten Buch veröffentlicht wurde, bei dem es sich auf Wunsch ihres Verlegers um eine Westernkomödie handelte, die 1966 den Titel „The Legend of Blackjack Sam“ erhielt.
Zwischen 1966 und 1977 schrieb sie insgesamt siebzehn Westernromane, vier Science-Fiction-Romane und mehrere Kurzgeschichten.
In deutscher Sprache erschienen folgende Western:
„Wild Riders“ (1969; „Der letzte Rebell“, 1972 bei Bastei)
„The Valdez Horses“ (1967; „Wilde Pferde“, 1973 bei Bastei, 1981 bei Heyne)
„West of Cheyenne“ (1969; „Der Einzelgänger“, 1973 bei Bastei)
„Return to Broken Crossing“ (1969; „Stunde der Schießer“, 1974 bei Bastei)
„Bred to Kill“ (1967; „Ein Stern für den Outlaw“, 1974 bei Heyne)
„Wiley’s Move“ (1973; „Die Wileys kommen“, 1974 bei Goldmann)
„Loco“ (1969; „Loco, der Bluffer“, 1976 bei Bastei)
„Sheriff of Jack Hollow“ (1977; „Schmutziger Stern“, 1978 bei Heyne)
„Fox“ (1976; „Der Trickser“, 1978 bei Heyne)
„Nothing but a Drifter“ (1976; „Der Mann vom Pecos“, 1978 bei Heyne)
„Gunfight at Laramie“ (1966; „Schüsse am Schienenstrang“, 1979 bei Heyne)
„The Land Killer“ (1978; „Totes Land“, 1980 bei Heyne)
und schließlich das hier besprochene Werk.
Hierzulande nicht übersetzt wurden neben dem oben erwähnten Titel die Romane „Dead Man’s Gold“ (1968), „The Yarborough Brand“ (1968) und „The Truth about the Cannonball Kid“ (1975).
Zwischen 1979 und 1983 erschienen unter dem Pseudonym Georgia York noch drei Liebesromane, die vor historischem Hintergrund spielen („Savage Key“, „Savannah Grey“, „Savage Conquest“), für die sich offenbar kein deutscher Verleger fand.
Neben ihren schriftstellerischen und publizistischen Tätigkeiten beschäftigte sie sich in ihrer Freizeit als Hobby-Archäologin, Fotografin und technische Kommissarin bei Autorennen.
Inhalt
Harry Boswick ist ein reicher Engländer, der sich Mitte der 1870er Jahre seinen Traum von einer Ranch in Colorado erfüllt hat, wo er mit seiner Frau Louise und seinen beiden knapp erwachsenen Kindern Edward und Vicky lebt. Seine Frau und sein Sohn teilen seine Begeisterung allerdings nicht und wollen zurück nach England.
Vormann auf der Ranch ist Eli Tyler, der nach Höherem strebt und seine Chance sieht, als er die zunehmende Entfremdung zwischen den Eheleuten Boswick bemerkt. Er sorgt dafür, dass sein Chef seine vor Kurzem verwitwete Schwester Dora Niles kennenlernt, allerdings ohne das Verwandtschaftsverhältnis aufzuklären. Wie von ihm erhofft, finden Harry und Dora Gefallen aneinander. Mit einer Scheidung ist Louise jedoch unter keinen Umständen einverstanden.
Als Rod Stamford, der Sohn eines alten Freundes von Harry, zu Besuch kommt, arrangiert Eli es so, dass es den Anschein hat, als würde Louise Harry mit Rod betrügen. Eli lockt Louise und Rod zu einem nächtlichen Treffpunkt und fertigt eine anonyme Nachricht für Harry in der Erwartung, dass Harry die beiden überraschen wird, was seine Scheidungsaussichten erheblich verbessern würde. Die Nachricht erreicht jedoch nicht Harry, sondern wird von Vicky gelesen, die sich daraufhin auf den Weg zum Treffpunkt macht, wo sie Louise und Rod erschossen auffindet. Sie nimmt fälschlicherweise an, ihr Vater habe die beiden in seiner Wut getötet, und lässt die Leichen verschwinden.
Das durchkreuzt Elis Pläne, der tatsächlich die Morde begangen hat, weil Louise und Rod sein Spiel durchschaut hatten. Da keine Leichen gefunden werden, wird allenthalben vermutet, Louise und Rod seien miteinander durchgebrannt. Elis Erwartung, er würde nach einer Heirat seiner Schwester mit Harry von dem damit für sie verbundenen Reichtum profitieren, hat sich damit erst einmal zerschlagen.
Um dennoch an Geld zu kommen, verbündet er sich mit dem unzufriedenen Edward. Gemeinsam entwenden sie Harry einen wertvollen Zuchthengst. Eli will seinen Mitwisser allerdings rasch loswerden und ist drauf und dran, diesen hinterrücks zu erschießen, als sie nachts mit dem gestohlenen Pferd unterwegs sind.
In diesem Moment wittert das Tier jedoch andere Pferde und wird unruhig. Eli befürchtet, entdeckt zu werden, und feuert auf den Mann, der offenbar ihn und Edward im Blick hat. Bei der Schießerei befreit sich der Hengst, und Eli und Edward müssen das Tier bei ihrer Flucht aufgeben.
Das ist die Stelle, an der der Roman beginnt, denn die Hauptperson ist Gus Widner, der zusammen mit seinem jüngeren Bruder Dolph mit einer Herde Wildpferde, die sie in Harrys Auftrag eingefangen haben, auf dem Weg zu dessen Ranch ist. Es ist Gus, der Eli und Edward vertreibt. Die Brüder können den Hengst einfangen, erkennen seinen Wert und vermuten richtig, dass er Harry gehört. Sie bringen ihn und die Herde zur Boswick-Ranch. Harry und Vicky sind – im Gegensatz zu Edward und Eli – froh, dass das wertvolle Tier wieder da ist.
Ehe jedoch die Widner-Brüder das Geschäftliche im Zusammenhang mit dem Verkauf der Herde abwickeln und sie insbesondere den Kaufpreis erhalten können, wird Harry aus dem Hinterhalt angeschossen und schwer verletzt. Aufgrund der Situation, in der dies geschieht, vermutet Gus, dass der Schuss eigentlich ihm galt, womit er richtig liegt, denn es war Edward, der geschossen hatte, weil er und Eli befürchteten, Gus könne sie beim Diebstahl erkannt haben und dies Harry verraten.
GALERIE (4 Bilder)
Bild 01-02: US-Ausgaben bei Ballantine 1976 und 1981
Bild 03: Thorndike Large Print-Ausgabe
Bild 04: seltenes Portrait der Autorin
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Fazit
Klingt konstruiert? Ist es auch.
Letztlich ist es ein Krimi im Western-Gewand, der ebenso – und vielleicht sogar stimmiger – auf einem englischen Landsitz spielen könnte.
Völlig überzeugen kann der Plot dabei nicht. Ich will nicht so weit gehen und von Logikfehlern sprechen. Aber einige Ungereimtheiten in den Handlungen und Motivationen der Beteiligten sind nicht zu übersehen.
Der Roman ist vollständig aus der Sicht von Gus erzählt. Dadurch gerät der Schluss – das muss man der routinierten Autorin lassen – sehr effektvoll.
Die deutsche Übersetzung liest sich flott. Da ich das Original nicht kenne, ist mir ein Vergleich mit ihm nicht möglich. Größere Kürzungen scheint Rainer M. Schröder nicht vorgenommen zu haben; zumindest gibt es keine erkennbaren Lücken oder Sprünge.
Reinhard Windeler, Oktober 2023
Bewertung